Der österreichische Traum von der ersten Winterweltmeisterschaft in der Geschichte der FIFA ist längst ausgeträumt, aber das Interesse an dem wichtigsten Ereignis des Sportjahres bleibt erhalten.
Seit 1998 hat es Österreichs Elf nicht mehr geschafft, ein Ticket für die WM zu lösen. Dabei schienen diesmal die Aussichten besser als seit vielen Jahren. Schließlich hatte das Team unter Trainer Franco Foda bei der jüngsten Europameisterschaft für Aufsehen gesorgt, als die Mannschaft erst in der Verlängerung im Achtelfinale gegen Italien mit 1:2 ausschied. Damit hatten die Österreicher es genauso weit gebracht wie Fußballschwergewicht Deutschland. Italien war nach dem Spiel gegen Fodas Mannen nicht mehr aufzuhalten und holte schließlich den Titel.
Doch bei der WM-Qualifikation drehte sich das Fußballglück – für diverse Länder. Österreichs Hoffnungen zerplatzten an Wales, und ausgerechnet der amtierende Europameister scheiterte in den Play-Offs an dem Winzling Nord-Mazedonien.
Für die WM-Quoten bedeutet das einige Überraschungen, und bei den Wetten sorgt das Ausscheiden ihrer Elf dafür, dass die meisten Österreicher weniger mit dem Herzen und mehr mit dem Köpfchen ihre Voraussagen abgeben werden.
Dabei wird auch die deutsche Elf weiterhin zu den Favoriten gezählt, obwohl der einstige Heldenstatus der schwarz-rot-goldenen Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren arg gelitten hat. Ein Tiefschlag war dabei das schuldige Versagen bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland, als der Titelverteidiger bereits in der Vorrunde scheiterte. Bei der Europameisterschaft schlug sich die Elf, die nach mehr als 15 Jahren unter der Ägide des einstigen Austria Wien-Trainers Joachim Löw erstmals mit dem neuen Bundestrainer Hansi Flick anreiste, etwas besser. Erst im Achtelfinalspiel gegen England war es aus für die deutschen Hoffnungen.
In Katar tritt Flicks Team in Gruppe E gegen Japan, Spanien und Costa Rica an. Das erste Spiel der Deutschen gegen Japan wird am 23. November angepfiffen. Die bundesdeutsche Elf ist derzeit auf der FIFA-Rangliste auf Platz 12, fünf Plätze hinter Spanien.
Die Schweiz trifft in Gruppe B gegen den zurzeit als Favoriten gehandelten Rekordweltmeister Brasilien sowie Serbien und Kamerun. Auf der FIFA-Liste steht Brasilien an der Spitze, während die Schweiz auf Nummer 14 gar nicht so weit entfernt vom großen Nachbarn Deutschland ist.
Für den Brasilianer Neymar, den teuersten Fußballspieler aller Zeiten, ist dies ein neuer Versuch, endlich mit seiner Elf den Titel zu holen. Obwohl die Südamerikaner als heißester Anwärter gelten, sind sie zuletzt vor 20 Jahren Weltmeister geworden.
Doch auch Frankreich gilt als vielversprechender Anwärter. Die auf Nummer 3 in der FIFA-Welt gesetzte französische Elf spielt in Gruppe D gegen Dänemark, Australien und Tunesien.
Was die bevorstehende WM außergewöhnlich macht, ist nicht nur die Tatsache, dass sie erstmals auf der nicht gerade als Fußballterrain bekannten arabischen Halbinsel stattfindet. Ein potenziell entscheidender Faktor ist der aufgrund des Klimas auf vier Wochen im November und Dezember verschobene Terminplan. Während bisherige Weltmeisterschaften bereits in heißen Ländern stattgefunden haben, wurden diese stets im Sommer ausgetragen. Die Nationalmannschaften hatten dadurch in der Saisonpause Zeit zum Erholen und für ein Trainingslager. Der Terminplan für Katar lässt eine derartige Vorbereitung nicht zu.
Das letzte Spiel der deutschen Bundesliga vor der Winterpause findet am 13. November statt – zehn Tage vor dem Gruppenauftakt in dem Emirat am Persischen Golf. Der knappe Terminkalender bedeutet für die Kader, dass sie kaum Verschnaufpausen haben und zudem Verletzungen noch kurz vor dem Saisonende die besten Planungen durcheinander bringen können.
Die WM in Katar ist eine Novität und zugleich ein Abschied. In diesem Winter wird das letzte Mal eine Weltmeisterschaft mit 32 Teams ausgespielt. Bei der 23. Herren-WM 2026 treten gleich 48 Nationalmannschaften an, was für Österreich deutlich bessere Chancen bei der Qualifikation bedeutet, da die UEFA drei Startplätze hinzugewinnt.
Die Zahl der Spiele wird von bisher 64 auf insgesamt 80 erhöht, die auf fünf statt bisher vier Wochen verteilt werden. In den 16 Gruppen treten jeweils drei Nationalmannschaften an, von denen zwei weiterkommen. Danach folgt die K.O.-Runde, die mit dem ersten Sechzehntelfinale beginnt.
Im Gegensatz zu Katar wird die Weltmeisterschaft 2026 wieder im Sommer stattfinden. Drei Länder teilen sich die Gastgeberrolle. Der Löwenanteil der Spiele wird in den USA ausgetragen, aber auch Kanada und Mexiko sind als Ausrichter mit dabei.
Während die meisten Stadien für die WM in Katar eigens für diesen Anlass gebaut oder umgebaut wurden, wobei Umweltfreundlichkeit und die weitere Verwendung für verschiedenste Zwecke im Vordergrund standen, sind etliche Arenen der WM 2026 den meisten Sportfans bereits gut bekannt. Die drei mexikanischen Stadien in Guadalajara, Mexiko-Stadt und Monterrey waren Schauplatz der WM 1986. In den USA wurde bei der WM 1994 bereits in Boston, Dallas, Los Angeles, San Franzisko und New York gekickt. Nur Kanada, wo die Spielstätten in Vancouver und Toronto den Zuschlag erhielten, war noch nie zuvor Ausrichter einer Fußball-WM.
Das gilt genauso für Österreich, aber während viele Nationen sich immer wieder um die Gastgeberrolle bewerben und dafür milliardenschwere Investitionen versprechen, würden sich die Österreicher bereits mit der Teilnahme an dem Ereignis glücklich erklären. Diesmal hat es nicht geklappt, aber nach der Qualifikation ist vor der Qualifikation. Und dass selbst kleine Länder für große Überraschungen gut sind, hat schließlich Nord-Mazedonien mit dem Sensationssieg über Italiens “Azzurri” bewiesen.